Konzeptionelle Maßnahmen

Erarbeitung eines Leitfadens

Beschreibung der Maßnahme
Der Leitfaden enthält u.a. eine Übersicht über die Wanderungs- bzw. Laichzeiten der Finte und Neunaugen im gesamten Planungsraum sowie die Zeiten des Hauptauftretens des Schweinswals in der Unterweser, z.B. nach folgendem Schema:

Je nach Lage des Vorhabens im Planungsraum gilt es, einzelfallbezogene Zeitfenster geringerer Empfindlichkeit zu ermitteln. Es müssen jeweils Lösungen gesucht werden, in sensiblen Bereichen zu kritischen Zeiten Beeinträchtigungen zu vermeiden. Dabei sind insbesondere die sensiblen Laichzeiten z.B. von Finte und Stint zu berücksichtigen. Neunaugen sind während der Wanderungszeit vorwiegend nachtaktiv, der Lachs tagaktiv. Die Finte wandert vermutlich überwiegend tagsüber (APRAHAMIAN et al. 2003). Erfahrungen deuten zudem auf eine Abhängigkeit der Wanderungsaktivitäten von den Gezeiten hin.

Lärmintensive Bauabschnitte sollen möglichst außerhalb der Hauptwanderungs- bzw. -laichzeiten durchgeführt werden. Dazu kann z.B. auch eine Begrenzung der täglichen Dauer der Bau- und Unterhaltungsarbeiten gehören. Zur Vermeidung von erheblichen Störungen ist ggf. eine Vergrämung der Arten aus dem unmittelbaren Vorhabensbereich (z.B. Schallerzeugung mit langsam zunehmender Lautstärke, leiseres Anrammen, Blasenvorhänge zur Reduzierung der Lärmausbreitung unter Wasser) erforderlich (vgl. FB 1).

Die Stärke von Baggerlärm und sein Ausbreitungsverhalten unter Wasser sind abhängig vom eingesetzten Gerät, dem Substrat, dem Salzgehalt des Wassers und den umgebenden Sedimenten vor Ort. Zudem ist die mögliche Beeinträchtigung wandernder Fischarten und Neunaugen abhängig von der jeweiligen Dauer der Lärmentwicklung und der Tageszeit (vgl. FB 1). Die Empfindlichkeit von Neunaugen gegenüber Lärm ist deutlich geringer als z.B. von Finte und Stint.

Neben der physischen Durchgängigkeit der Weser (keine Aufstiegs- und Abstiegsbehinderung) ist die physikochemische Barrierefreiheit (insbesondere Wassertemperatur und Sauerstoffgehalt) zu erhalten. 

Im Hinblick auf die Lebensraumfunktionen des Ästuars für den Schweinswal sind entsprechende Maßnahmen auch zu den Zeiten des Hauptauftretens dieser Art anzustreben.

Begründung der Maßnahme
Weil die Durchgängigkeit der Tideweser durch unpassierbare Querbauwerke bislang nicht beeinträchtigt wird, nutzen Finte und Neunaugen (Fluss- und Meerneunaugen) die Weser als Wanderraum zu ihren weiter flussaufwärts bzw. in den Nebenflüssen liegenden Laichgebieten. Dabei dient der Funktionsraum 1 im Hinblick auf den Wechsel vom salzhaltigen Meerwasser in die Weser als Sammel- und Adaptionsraum für die Wanderfische. Das Hauptlaichgebiet der Finte liegt bei Weser-km 20 bis 35 in Funktionsraum 3. Auch der Stint laicht hier.

Die Erarbeitung und Anwendung eines Leitfadens ist aus Sicht von Natura 2000 dringend erforderlich, um die Bedeutung des Weserästuars als Wander- und Nahrungsraum für Fische und Neunaugen sowie als Laichgebiet der Finte aufrechtzuerhalten und Verschlechterungen zu vermeiden.

Hinweise zur Umsetzung
Zur Berücksichtigung der saisonalen Lebensraumfunktion von Fischen, Neunaugen und dem Schweinswal wird ein Leitfaden erarbeitet, der bei der Planung und Genehmigung von Vorhaben und bei Unterhaltungstätigkeiten im Bereich des Gewässers angewendet werden soll. Die zugehörigen Maßnahmen (vgl. Maßnahme II-12) müssen gesamträumlich und teilweise funktionsraumübergreifend ergriffen werden.

Der Leitfaden soll in Zusammenarbeit mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), den Naturschutzverbänden sowie ggf. weiteren Akteuren erstellt werden. Dabei sollen die Monitoringergebnisse u.a. zu den Fahrrinnenanpassungen der Weser einbezogen werden. Bei der Aufstellung des Leitfadens wird der Funktion der Weser als Verkehrsweg und der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs Rechnung getragen. 

Zwecks Abstimmung des Leitfadens kann ggf. auf bestehende Arbeitsgremien wie die Arbeitsgruppe Naturschutz zur Weseranpassung zurückgegriffen werden.

Mithilfe des Leitfadens sollen Vorhabensträger z.B. bei der Aufstellung von flexiblen Zeitplänen naturschutzfachlich beraten und informiert werden. Geeignete Maßnahmen aus dem Leitfaden (vgl. Maßnahme II-12) sollen ggf. als Auflagen in Zulassungsentscheidungen aufgenommen werden und dienen der FFH-verträglichen Optimierung zulässiger wiederkehrender Maßnahmen. Hinsichtlich der WSV-Maßnahmen zur Unterhaltung der Ufer und der zur Unterhaltung des Gewässerbetts wird der Leitfaden bei den Maßnahmen I-8 bzw. I-10 grundsätzlich berücksichtigt.

Wichtige Beteiligte

  • Naturschutzbehörden und -verbände
  • WSV
  • Vorhabensträger
Flussneunauge · Foto: ©Rolf Gerken

Flussneunauge

Containerschiff · Foto: ©NLWKN

Containerschiff

Weser südl. v. Nordenham · Foto: ©terra-air-services

Weser südl. v. Nordenham

Strand au dem Harriersand · Foto: ©Nowara

Strand Harriersand

Huntesperrwerk an der Einmündung zur Weser · Foto: ©Nowara

Huntesperrwerk an der Einmündung zur Weser

Weser und Lesum · Foto: ©terra-air-services

Weser und Lesum