Konzeptionelle Maßnahmen

Erarbeitung von projektübergreifenden Besucherlenkungskonzepten

Ziele der Maßnahme
Vermeidung der Zunahme von Störungen von Natura 2000-Schutzgütern, wenn insbesondere durch die Realisierung neuer Freizeit- und Erholungsnutzungen der Besucherdruck zunimmt

Beschreibung der Maßnahme
Um eine dauerhafte Sicherung störungsfreier Vorland- und Wattbereiche zu gewährleisten, gleichzeitig aber auch das Naturerleben der Besucher zu ermöglichen und damit die Attraktivität der Standorte zu steigern, sollen Konzepte zur Besucherlenkung erarbeitet werden, die die Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Planungsraum übergreifend betrachten, zukünftige Entwicklungen frühzeitig einbeziehen und über Einzelvorhaben hinaus gehen. Ziel der projektübergreifenden Besucherlenkungskonzepte ist die Ermöglichung touristischer Entwicklungsprojekte bei unvermindertem Schutz naturnaher Uferbereiche und ungestörter Teilflächen. Dies soll durch die Lenkung der verschiedenen Freizeit- und Erholungsaktivitäten erreicht werden. Eine Nutzung in bisher ungenutzten naturnahen Bereichen, in denen die Strukturen und Funktionen günstig ausgeprägt sind, soll in der Regel weiterhin vermieden werden. Zu berücksichtigen ist, dass durch eine gelenkte Zugänglichkeit im Rahmen einer naturbezogenen ruhigen Erholung mit Erlebbarkeit des Naturraumes (Naturerleben, Umweltbildung) die Menschen für die Natura 2000-Schutzgüter und Funktionen sensibilisiert werden können (vgl. Kap. A 3.4).

Im Rahmen der projektübergreifenden Besucherlenkungskonzepte werden in den Bereichen, in denen eine Freizeitnutzung stattfindet oder angestrebt wird, Teilbereiche, die besonders wertvolle Lebensräume für Brutund Gastvögel sowie regelmäßig genutzte Liege- und Wurfplätze des Seehundes beherbergen bzw. die zur Entwicklung günstig ausgeprägter Vegetationsstrukturen besonders geeignet sind, identifiziert, gesichert und von der Freizeitnutzung ausgespart. Dies gilt insbesondere für störungsintensivere Trendsportarten (z.B. Kite-Surfen, Jetski, Wasserski). Geprüft werden soll zudem,

  • wie sich das freizeitgenutzte Wegenetz im Planungsraum auf die Natura 2000-Schutzgüter auswirkt und ob ggf. Veränderungen notwendig sind,
  • ob die Nutzung von neuen, z.B. als Kompensation entstandenen Gewässern durch den Wassersport vor dem Hintergrund der Zielbestimmung der Kompensation möglich ist,
  • ob vorhandene, sich negativ auswirkende Nutzungen (z.B. Badestellen, Bootsanleger in naturnahen Uferabschnitten, Campingnutzung) verlagert werden können.

Die Besucherlenkungskonzepte umfassen eine Vielzahl von Maßnahmen, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken. So können sich Maßnahmen zur Besucherlenkung u.a. auf die räumliche Nutzung, den Nutzungszeitraum, die Nutzungsintensität (z.B. Besucherzahlen) oder das Nutzerverhalten beziehen.

Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Besucherlenkung stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, z.B.:

  • Informationsangebote, naturkundliche Führungen etc.,
  • Zonierungskonzepte mit einer Natura 2000-verträglichen Erschließung, ggf. Veränderung des bestehenden Wegenetzes und attraktive Punkterschließung, wo unbedenklich, aber erlebnisreich,
  • Einschränkung der Nutzung in empfindlichen Zeiträumen wie Brutzeiten, Hauptzugzeiten oder Hauptlaichzeiten z.B. durch Kontingentierung von Freizeitaktivitäten,
  • Ge- und Verbote (z.B. NWattNPG, Schutzgebietsverordnungen).

Im Planungsraum bestehen bereits rechtlich geregelte Einschränkungen von Freizeit- und Erholungsnutzungen (z.B. NWattNPG) und freiwillige Verhaltensregeln von Verbänden (z.B. „Zehn goldene Regeln für das Verhalten von Wassersportlern in der Natur“, Empfehlungen der KanuSport-Freunde e.V. Bremen zur Rücksichtnahme auf die Finte während der Laichzeit6). Diese gilt es zu überprüfen und ggf. zu erneuern sowie z.B. durch Gespräche mit den Anbietern von Freizeitnutzungen (vgl. Maßnahme IV-9) oder durch die naturschutzfachliche Aufklärung und Beratung in den Wassersportvereinen des Planungsraumes (vgl. Maßnahme IV-10) gezielt in das Bewusstsein der Besucher zu rücken.

Begründung der Maßnahme
Die Maßnahme ist aus Sicht von Natura 2000 vor der Realisierung neuer Freizeit- und Tourismusprojekte dringend erforderlich, weil in mehreren Kommunen, nahe am Planungsraum, Tourismusvorhaben beabsichtigt sind, die voraussichtlich zu einem erhöhten Besucherdruck auf die Natura 2000-Gebiete führen werden. Durch die Ausübung von Freizeitaktivitäten in Vorland- und Wattbereichen sind Störungen von Natura 2000-Schutzgütern (insb. Seehund, Brut- und Gastvögel) nicht auszuschließen, welche die ungestörte Entwicklung der Bestände lebensraumtypischer und wertgebender Brut- und Gastvogelarten beeinträchtigen könnten.

Hinweise zur Umsetzung
Projektübergreifende Besucherlenkungskonzepte sollen für den Planungsraum schrittweise und am Bedarf orientiert erstellt werden. Möglich ist auch die Erstellung von Konzepten für einzelne Themenkomplexe. Die Erstellung solcher Konzepte sollte als IKZM-Prozess erfolgen. Die Anforderungen an die Besucherlenkung und ihre räumliche Konkretisierung können auch im Rahmen der Landschaftsplanung erarbeitet werden.

Die Umsetzung der Maßnahmen ist immer auf eine intensive Einbindung der Akteure vor Ort angewiesen.

Einzelne Vorhaben sind als Bestandteil der projektübergreifenden Besucherlenkungskonzepte zu untersuchen und ggf. einzubinden. Die Detailplanung soll im Zusammenhang mit der Umsetzung der einzelnen Vorhaben vergeben werden.

Wichtige Beteiligte

  • Naturschutzbehörden
  • Kommunen, Tourismusverbände
  • Regionalplanung
  • weitere Partner: projekt und standortabhängig

Funktionsräumliche Ergänzungen und Konkretisierungen:

> Funktionsraum 3
Für Funktionsraum 3 werden in Fachbeitrag 1 „Natura 2000“ Bereiche dargestellt, in denen 

  • eine Freizeitnutzung zugunsten des Erhalts der guten Ausprägungen der Lebensraumtypen vermieden werden sollte,
  • die Freizeitnutzung gelenkt und Bereiche identifiziert werden sollten, die von der Freizeitnutzung ausgespart werden sollen.

Der Campingplatz in der Rekumer Marsch steht im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Bremen.

> Funktionsraum 4
Die Erarbeitung eines Besucherlenkungskonzeptes wird empfohlen, sobald z.B. durch die Umsetzung von neuen Entwicklungsmaßnahmen die Erholungsnutzung auf der Weserinsel Harriersand ausgeweitet bzw. intensiviert wird.

> Funktionsraum 5
Für Funktionsraum 5 werden in Fachbeitrag 1 „Natura 2000“ Bereiche dargestellt, in denen 

  • die Freizeitnutzung gelenkt und eine weitere Ausdehnung vermieden werden sollte,
  • eine Nutzung in bestehenden Auwaldbereichen vermieden werden sollte. 

Der Erhalt des Campingplatzes auf der Juliusplate birgt im heutigen naturnahen Ausbauzustand – anders als eine Erweiterung – kein hohes Konfliktpotenzial.

F1 Panorama Langlütjen · Foto: ©terra-air-services

F1 Panorama Langlütjen

F2 Röhrichtzone gegenüber von Nordenham · Foto: © Nowara

F2 Röhrichtzone gegenüber von Nordenham

F3 Weser in Höhe Elsfleth · Foto: ©terra-air-services

F3 Weser in Höhe Elsfleth

F4 Harriersand · Foto: ©terra-air-services

F4 Harriersand

F5 Weserdeich bei Sande · Foto: ©IBP Textband

F5 Weserdeich bei Sande

F6 Hunte Stadtgebiet · Foto: ©IBP Textband

F6 Hunte Stadtgebiet

F7 Weser und Lesum · Foto: ©terra-air-services

F7 Weser und Lesum